Alemannisch-deutsches Wörterbuch
's Bescht un Schenscht vum Hegau-Alemannisch
[Frei nach Walter Fröhlich, Hans Flügel, Rudolf Post und Friedel Scheer-Nahor (*)]
Vorbemerkung zu Schreibweise und Aussprache: Eine Standardschreibweise für Alemannisch gibt es nicht.
Hier werden folgende Konventionen verwendet:
- Lange Vokale werden durch Verdoppelung wiedergegeben. (Im Schwiizerdüütsch wird statt 'ii'
auch das 'y' verwendet, z. B. 'Schwyz'.)
- 'ie' oder 'ue' sind Diphthonge, das 'e' wird dabei deutlich separat gesprochen, z. B. 'brieke', 'guet'.
Sie bezeichnen also nicht ein langes 'i' oder ein 'ü'.
- Und auch 'üe' ist ein Diphthong, z. B. in 'Füeß'.
- ä-ä
- = nein
- aafange
- = jetzt aber wirklich mal!
- 's wär aafange Ziit zum aafange!
- = Die Vorstellung verzögert
sich.
- aagmolet
- = geschminkt
- Ä bää!
- = I gitt!
- abe
- = herunter, hinunter
- Abee
- = WC. Mer macht A-A uffm A-B.
- alefänzig
- = eigenwillig
- all furzlang
- = Deine ständigen Wiederholungen gehen mir auf die
Nerven.
- (Des goht) a mer dure.
- = Das geht mir total am Arsch vorbei.
- ammet
- = manchmal
- aschucke
- = beim Schaukeln helfen
- Badengele
- = Schlüsselblume
- Bänklefurzer
- = Rentner
- Bäpp
- = Klebstoff
- Bappe
- = Vati
- Isch din Bappe Glaser?
- = Geh mir aus der Sonne!
- Bäpper
- = Sticker
- bappig
- = klebrig
- bapple
- = weibliche Kommunikationsform
- Gib mer's Batschele!
- = Gib schön Händchen!
- Bettseicher
- = unsympathischer Mensch
- Bibbele, Bibsle
- = Akne
- Bibbeleskäs
- = Quark
- bigoscht
- = wahrlich, wahrlich, ich sage Euch
- bis driberdusse
- = bis zum geht nicht mehr
- ä bitzle
- = ein wenig
- Blos mi am Füdle!
- = Leck mich am Arsch!
- Breckele
- = Brot mit Hilfe einer gefüllten Kaffeetasse in eine unappetittliche
weiche schlabbrige Masse verwandeln
- Breckele lache
- = kotzen
- brieke
- = weinen
- brinzle
- = Wasser lassen
- om one butze
- = jemandem eine herunterhauen
- Butzebök
- = Vogelscheuche
- Den hot's butzt.
- = Er hat das Zeitliche gesegnet.
- däätschmer
- = nachdrückliche Aufforderung einer Frau an einen Mann,
eine sehr unangenehme Tätigkeit (z. B. Müll rausbringen) sofort
zu erledigen
- I däät scho welle
- = ... aber dürfen hab ich mich nicht getraut.
- denne
- = dort, s. a. »henne wie denne«
- dinne
- = drin, innen
- Dinne
- = flacher Kuchen
- Die Dinne mosch dusse esse.
- = Pizza to go
- desell
- = jener Herr dort (isch hoorig)
- disell
- = jene Dame dort
- do na
- = dorthin
- Döbele
- = Vergnügungspark
- Dotsch
- = intelligenzmäßig herausgeforderter Mitbürger
- Drottwa
- siehe Trottwa
- drufufelupfe
- = auf die Sprünge helfen
- drümmlig
- = schwindlig
- 's Drumume
- = Umgebung
- Am Dunschtig isch's z'dunschtig gsi.
- Vorgestern war die Aussicht nicht so überwältigend.
- dusse
- = draußen
- ebber(t)
- = jemand
- ebbis
- = etwas
- ehnder mol
- = früher
- ene dure
- = hinüber
- etzgo
- = jetzt aber, gleich
- finschter wie inere Kueh
- = stockdunkel
- ä flachskopfigs Mädle
- = Blondine
- Füeß
- = alles am Menschen von der Hüfte abwärts. Einzahl: Fueß
- fueßle
- = schnell gehen.
- Füeßle
- hot ä Butzele.
- gäckelegääl
- = sehr gelb
- garit
- = gar nicht
- ge
- = wo der Alemanne hin will, siehe auch »z«.
- Geltemuler
- = Büttenredner
- Gfriss
- = mieses Gesicht
- Gifthäfele
- = Mehdorn in Erregung
- Glump
- = Schreibtischinhalt eines Ehemannes, von seiner
Ehefrau beschrieben
- Gluschte
- = Appetit (worauf auch immer)
- 's goht.
- = Die Lage ist mittelmäßig.
- uf d' Gosche keie
- = hinfallen
- Goschehobel
- = Mundharmonika
- Götte
- = Taufpate
- Gülleloch
- = Sammelstelle für die Ausscheidungen von Nutztieren,
früher meist vor dem Haus, direkt an der Straße gelegen
- hä?
- = Wie bitte?
- Ha etz los emol!
- = Also jetzt hör doch mal zu!
- Hagseicher
- = Lehrer
- Halbdubel
- = Mensch mit dem halben Intelligenzquotienten eines
Dementen
- (So isches) halt.
- = So ist es eben.
- Häs
- = Kleidung,
Sunntighäs = bessere Kleidung
- Heb au d'Gosch!
- = Sei bitte mal ruhig!
- hebe
- = halten
- Hei etz!
- = Beeil dich bitte!
- Hei no mol!
- = milder Fluch, wenn etwas nicht klappt
- heiße
- = anordnen
- henne
- = hier (nicht etwa weibliches Huhn)
- henne wie denne
- = Beiderseits der Grenze leben die
gleichen Menschen.
- 's isch henne wie denne
- = überall das gleiche
- Henneschnättere
- = Quasselstrippe, s. a. Lafere
- Henneseckel
- = unsympathischer Mensch
- Herdöpfel
- = Kartoffel
- hii
- = kaputt
- Hock
- = gemütliches Beisammensein
- hocke
- = sitzen
- Der hot on hocke.
- = Der ist sternhagelvoll.
- hocke bliibe
- = Ehrenrunde in der Schule
- Hontes
- = schönster und wichtigster Berg der Welt;
auf Altsingemerisch hieß er Hohbiil.
- Hoppla!
- = Entschuldigen Sie bitte!
- hoorig
- isch desell un de Bär, aberit de Glatzkopf.
- hott und wischt
- = Die Bundeskanzlerin ändert mal wieder ihre Meinung.
- Hotzeblitz
- = Nachhilfe beim Scheunenbrand
- Nu it hudle!
- = Immer mit der Ruhe!
- Hueresiech
- = besonders unsympathisches Schlitzohr
- i-Düpfleschiisser
- = Exaktheitsfanatiker
- ine
- = herein, hinein
- it
- = nicht
- jucke
- = springen,
springe = laufen,
laufe = gehen
- (der) Karre
- = Automobil
- keie
- = fallen
- Keschdeniggel
- = Kastanie im Schlafrock
- Klattere
- = Stuhlgangreste am Kuhbein, s. a. »Kuehpfladder«
- Knäusle
- = Anfang und Ende eines Brotes
- Kramanzlete
- = Zierrat
- Krutzele
- = Stachelbeere
- Kuehpfladder
- = Stuhlgang der Kuh, s. a. »Klattere«
- Läätsch
- = verzogener Mund
- I hau dir on a d' Lafeete.
- = Ich schmier dir eine.
- Lafere
- = Quasselstrippe, s. a. »Henneschnättere«
- Lällebäbbel
- = Weichei
- La mi go!
- = Lass mich in Ruhe!
- lampe
- = herunterhängen
- Latschari
- = Halbstarker
- De sell han i uf der Latt.
- = Den mag ich nicht.
- Lätteri
- = Diarrhoe
- laufe
- s. jucke
- Do hättsch au lieber is Bett gschisse.
- = Du hättest besser
etwas anderes gemacht.
- Do hättsch au lieber is Bett pfurzt.
- = Ein rabenschwarzer
Tag. Du wärst besser gar nicht erst aufgestanden.
- Liimsieder
- = Transuse
- lisme
- = stricken
- Löli
- = intelligenzmäßig herausgeforderter Mitbürger
- lose
- = zuhören
- lottrig
- = unansehnlich
- lupfe
- = heben
- Mädlefiseler
- = frühreifer Casanova
- Maleschte
- = Wehwehchen
- Mamme
- = Mutti
- Märzekegel
- = Ich bin ja so verschossen in deine Sommersprossen.
- Mir hond's!
- = Heureka!
- Mocke
- = Kamelle
- Mögete
- = erwachende Liebe
- mir mond
- = wir müssen
- Monn!
- = Pass ja auf, gleich setzt's was!
- Sell monn i au.
- = Ich schließe mich der Meinung meines Vorredners an.
- Wa monnsch?
- = Wie siehst du das?
- Muckeseckele
- = μm
- muffzgele
- = reif für die Dusche sein
- Mulete
- = Geschimpfe
- munkelebruun wie ä Rehfidle
- = schmutzigbraun
- näbeduri
- = Ziel verfehlt
- näbedusse
- = daneben
- Nabeldrillete
- = Bauchgrimmen
- Nachthafe
- = Töpfchen
- nago
- = hingehen
- naisig
- = Sie weiß nicht, was sie will, aber das ganz genau.
- nakeie
- = hinfallen
- näne
- = nirgends
- Näne
- = Omama
- Näni
- = Opapa
- Nasebolle
- = Popel
- näume
- = nirgends, näumer = jemand,
näumis = etwas
- nint
- = nichts
- ä Nintele miteme Nänele dra
- = rein gar nichts
- Nint gseit isch gnueg globt.
- = Das hast du ganz toll gemacht!
- no
- = dann
- nuele
- = immerzu arbeiten
- numme
- = nur, nümme = nicht mehr
- öbbe
- = etwa, öbber = jemand (siehe auch »ebber«),
öbbis = etwas
- Obed
- = Abend
- obe dobe
- = oben (siehe auch »unne dunne«)
- obenabi
- = von oben herunter
- oderit?
- = nicht wahr?
- oha!
- = hoppla!
- d' Ohre lampe loo
- = Ihm fehlt's an Selbstbewusstsein.
- omeds
- = irgendwo
- one uf d' Ladättere
- = Schlag auf den Kopf
- one uf d' Lafeete
- = Maulschelle
- on lupfe
- = sich volllaufen lassen
- Papp
- = Brei
- Päpere
- = Trompete
- pfetze
- = kneifen
- Jo Pfiifedeckel!
- = Das könnte dir so passen!
- Pflotsch
- = Schneematsch
- Pflutte
- = nicht ganz schlanke Frau
- Pfnüsel
- = Schnupfen
- pfuezge
- = typisches Geräusch im Chemiesaal des
Gymnasiums
- pfurre
- = hektisch hin und her rennen
- plärre
- = weinen
- 's pressiirt
- = Dürfte ich bitte mal Ihre Toilette benutzen?
- Preschte
- = Gebrechen
- Ranzepfiife
- = Bauchgrimmen
- Das ka mer renne loo!
- = Passt scho!
- riißig
- = geile Sau
- ring
- = leicht
- Hättsch ringer 's Muul ghebt!
- = Si tacuisses!
- Ripp
- = eine lange, streitsüchtige Dürre
- Rollee mache
- = urinieren
- Rossbolle
- = Stuhlgang des Pferds
- Rotzlumpe
- = Taschentuch
- rubblig
- = rau
- Ruffe
- = Ausschlag, Schorf
- Rumete
- = Aufräumerei
- Rumpfle
- = Falten
- Salli!
- Hey! (= Salut!)
- Sauseich
- = Bullshit
- ge schaffe go
- = ins Büro gehen
- Schättere
- = dumme Kuh
- Än Schdudent mit schbitze Schtiifle schtolbbret iibern
schbitze Schtoa.
- Ein Alemanne versucht, sich in Missingsch
auszudrücken.
- schiifere
- = einen flachen Stein über das Wasser hüpfen lassen
- Schiiß mer i d' Kappe!
- = Ach lass mich doch in Ruhe!
- schiints
- = anscheinend
- Schiirwürmli
- = Glühwurm
- Schliifere
- = Rutschbahn auf dem Eis
- schlotze
- = lutschen
- Schlotzer
- = Bonbon am Stiel
- schmecke
- = kann der Alemanne auch mit der Nase
- Schmiirete
- = Graffito
- Schmützle
- = Bützsche, Busserl
- Schmotz
- = Fett (aber auch Muskeln)
- schnuufe
- = atmen
- Schoofseckel
- = sehr unsympathischer Mensch
- Schtoa, nünt as Schtoa!
- = Viel Steine gab's und wenig Brot.
- Schübling
- = Bockwurst
- schuufle
- = aufhäufen, schaufeln
- Schüür
- = Scheune
- 's dät lange.
- Wir können uns das leisten.
- se!
- = Da hast du's!
- Seewadel
- = Sumpfloch
- Schwätz kon Seich!
- = Rede keinen Unsinn!
- sell
- = jenes, siehe auch desell, disell
- selleweg
- = deshalb
- sellmol
- = damals
- Serbele
- = Bockwürstchen
- Siech
- = Schlitzohr
- Simslekrebsler
- = minderwertiger Wein
- I sott
- = Die Pflicht ruft.
- ä sottige
- = so eine
- spicke
- = Klausurbetrug
- springe
- s. »jucke«
- Stegge
- = Treppe
- strääle
- = kämmen
- z' Stubete
- = auf Besuch
- Sufete
- = Trinkgelage
- Sunntigshäs
- s. Häs
- Suublotere
- = Schweinsblase, besonders als fastnächtliches Schlaginstrument
- Suuludi
- = Dreckschwein
- Tatze
- = aus der Mode gekommene Betrafung eines Schülers
unter Zuhilfenahme eines Rohrstocks
- Tipfleschiißer
- = Korinthenkacker
- Se tond bis se lond.
- = Sie arbeiten sich tot.
- triele
- = kleckern
- Trieli
- = Sabberer
- Triellumpe
- = Serviette
- Trottwa
- = Bürgersteig
- Tschinke
- = Mitbürger italienischer Herkunft
- tschutte
- = Fußball spielen
- ubache
- = ungehobelt
- ufe
- = herauf, hinauf
- uliidig
- = miesepetrig
- ume
- = herum
- unne dunne
- = unten (siehe auch »obe dobe«)
- use
- = heraus, hinaus
- uselampe
- = heraushängen
- Usfegete
- = Kehraus
- Veigle
- = Ein Veilchen auf der Wiese stand.
- I ka di verbutze.
- = hdgdl
- verdwitsche
- = entkommen
- vergelschtere
- = erschrecken
- vergrote
- = misslingen
- verhudle
- = verwirren
- verklepfe
- = zerplatzen
- vernuele
- = verwühlen
- verreble
- = abnippeln
- ums Verrecke it
- = auf gar keinen Fall
- verseckle
- = irreführen, (beim Fußball) umdribbeln
- verstrubble
- = die Haare zerzausen
- verzwazle
- = verzweifeln
- Wackes
- = großer Stein
- Mir wänd it.
- = Nicht mit uns.
- Wase
- = alemannische Prärie
- ä weng
- = ein wenig
- ä wengele
- = ein ganz klein wenig
- wetze
- = ganz schnell rennen
- woni
- alemannische Allzweck-Konjunktion: als ich, während ich, wo ich, den ich, die ich, das ich, ...
- wosch
- Füllwort, mit dem eine (männliche oder weibliche)
Henneschnättere den Redefluss aufbläht
- wosch no
- = Beginn der Gespräche beim Rentnerhock
- wottsch
- = möchtest du?
- wunderfitzig
- = neugierig
- z'
- = wo der Alemanne sich aufhält, siehe auch »ge«.
Alle Orte am Bodensee fangen mit »z« an:
z' Konschdanz, z' Iiberlinge, z' Breggenz, ...
z' kann aber auch eine Mahlzeit bedeuten, siehe z' Nüne
- zbled
- = den Anforderungen intellektuell nicht gewachsen, merkbefreit
- Zieschtig
- = Dienstag
- zmol
- = plötzlich
- z' Nüne
- = zweites Frühstück
- zuedrille
- = zuschrauben
- zuelose
- = zuhören
Klaus Pommerening
(*) Unter Verwendung von:
Alemannisch für Anfänger. Gesammelt
von Urban Klingele (Wafrö), Verlag Frese, Singen 1978, 1988
Hans Flügel: We d' Singemer früehner gschwätzt hond, Band 94 der Hegau-Bibliothek
des Vereins für Geschichte des Hegaus e. V., Singen 1995.
Rudolf Post, Friedel Scheer-Nahor: Alemannisches Wörterbuch für Baden, Karlsruhe 2009.
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